Reporter ohne Grenzen
Seit 1994 setzt sich der Verein Reporter ohne Grenzen für die Informations- und Pressefreiheit weltweit ein. Dazu erstellt er jährlich eine Rangliste. Darin vergleicht er die Situation für Journalist*innen in insgesamt 180 Ländern. Unter anderem stützt sich die Auswertung auf Indikatoren wie „freier Zugang zu Informationen“, „Gewalt gegen Medienschaffende“ und „Unterstützung durch die Politik“. Seit 2022 zeigt sich, dass Krisen und Kriege zunehmend die Pressefreiheit und die Arbeit der Journalist*innen gefährden.
🇳🇴 1 Norwegen
In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen belegt Norwegen zum sechsten Mal in Folge Platz Eins. Direkt dahinter liegen die beiden nordischen Länder Dänemark und Schweden. In Norwegen garantiert der öffentlich-rechtliche Sektor die Unabhängigkeit vom Staat und der private Sektor Medienpluralismus. Obwohl in Norwegen Informationsfreiheitsgesetze existieren und insgesamt von einem journalistenfreundlichen Klima gesprochen werden kann, kommt es auch dort zunehmend zu Online-Attacken. Um die guten Konditionen im Land aber weiterhin zu erhalten, hat die norwegische Regierung eine Kommission gebildet, die sich gegen die Verbreitung von Fake News und Hate Speech im Internet einsetzen soll.
🇩🇪 16 Deutschland
Im Vergleich zum vergangenen Jahr hat sich Deutschland in der Rangliste für Pressefreiheit um drei Plätze verschlechtert. Damit wird die Situation im Land nicht mehr als „gut“, sondern lediglich als „zufriedenstellend“ eingeschätzt. Dies liegt nach Angaben von Reporter ohne Grenzen an drei Faktoren: Journalist*innen und ihre Quellen würden durch eine nicht ausreichende Gesetzgebung gefährdet. Durch die Reform der Bundesnachrichtendienst-Gesetzes, kurz BND-Gesetz, sei der Schutz von Medienschaffenden und ihren Informant*innen nun zwar erstmals gesetzlich anerkannt, aber ginge hinsichtlich der digitalen Überwachung durch den BND nicht weit genug. Der zweite Faktor ist eine zunehmende Aggressivität gegenüber Journalist*innen. In den vergangenen Jahren stieg die Gewalt gegen diese Berufsgruppe auf insgesamt 80 Angriffe. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Dokumentation im Jahr 2013. Bei den Angriffen spielten vor allem Demonstrationen eine Rolle. Der letzte Faktor ist eine abnehmende Medienvielfalt im Land.
🇳🇦 18 Namibia
Namibia ist das am besten bewertete afrikanische Land in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen. Grund sind pluralistische und regierungskritische Medien. Zudem ist der Journalismus in der namibischen Verfassung rechtlich geschützt und wird vom Obersten Gerichtshof aktiv durchgesetzt. Gewalttaten gegen Journalist*innen sind nicht bekannt. Dennoch gibt es auch in diesem Land Probleme. Journalist*innen beschweren sich unter anderem über einen eingeschränkten Zugang zu Behördeninformationen. Außerdem sind politische Versuche bekannt, den öffentlich-rechtlichen Sender NBC (Namibian Broadcasting Corporation) stärker zu regulieren. Seit 1916 erscheint in Namibia die älteste und einzige deutschsprachige Tageszeitung. Die Allgemeine Zeitung erscheint in Windhoek und ist liberal-konservativ ausgerichtet.
🇺🇸 42 USA
Die Medienlandschaft in den USA ist vielfältig und bietet ein breites Angebot, allerdings nicht im Bereich des Lokaljournalismus. Immer mehr Lokalredaktionen mussten schließen und im Land herrscht nach Einschätzung von Reporter ohne Grenzen ein Misstrauen gegenüber den Medien. Dies zeigt sich daran, dass Journalist*innen bei Demonstrationen angegriffen und eingeschüchtert werden. 2020 wurden laut dem „U.S. Press Freedom Tracker“ 144 Reporter*innen attackiert. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Donald Trump, hat sich der derzeitige Präsident der USA deutlich zur Pressefreiheit bekannt und für einen ungehinderten Informationszugang ausgesprochen. Dies zeigt sich auch daran, dass seit seinem Amtsantritt wieder regelmäßig Pressebriefings im Weißen Haus stattfinden. Ein großer Triumph der Pressefreiheit in den USA war die sogenannte Watergate-Affäre. Journalist*innen, darunter vor allem Mitarbeiter*innen der Washington Post, haben wesentlich zur Aufklärung der Machtmissbräuche der Regierung beigetragen, die letztlich zum Rücktritt des US-Präsidenten Richard Nixon (20. Januar 1969 bis 9. August 1974) geführt haben.
🇰🇷 43 Südkorea
Seit der Wahl des Präsidenten Moon Jae-in, einem Menschenrechtsanwalt und ehemaligen Gefangenen, im Mai 2017, hat sich die Situation in Südkorea deutlich verbessert. Während das Land 2016 noch auf Platz 70 lag, positioniert Reporter ohne Grenzen Südkorea in diesem Jahr auf Platz 43. Dennoch ist die Lage im Land nach wie vor schwierig. Die Regierung verbietet durch das seit 1949 geltende nationale Sicherheitsgesetz „Aktivitäten gegen den Staat“ sowie die „Unterstützung Nordkoreas“. Regierungskritische Berichte werden unterbunden, weshalb Journalist*innen wegen angeblicher Verstöße regelmäßig vor Gericht stehen. Zudem werden die Intendant*innen des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders KBS vom Präsidialamt vorgeschlagen. Dabei handelt es sich meist um Parteifreunde.
🇺🇦 106 Ukraine
Vor dem russischen Angriff auf die Ukraine zeichnete sich die Medienlandschaft durch ein vielfältiges Angebot aus. Allerdings gehörten viele landesweite Fernsehsender einflussreichen Politiker*innen, die damit ihre wirtschaftliche und politische Positionen stärken wollten. Seit dem russischen Angriff im Februar 2022 sind ukrainische Journalist*innen stark gefährdet. Die russische Seite griff nach Angaben von Reporter ohne Grenzen gezielt Medienteams an und schoss auf Fernsehtürme. Mehrere Journalist*innen wurden dabei verletzt oder getötet. Kritisiert wird zudem, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die landesweiten Fernsehsender im März zusammenlegte, um eine einheitliche Informationspolitik durchsetzen zu können. Die Ukraine verliert in der Rangliste der Pressefreiheit im Vergleich zum vergangenen Jahr neun Plätze.
🇷🇺 155 Russland
Bereits vor dem russischen Angriff auf die Ukraine, wurde die Situation der Pressefreiheit in Russland als schwierig eingeschätzt. Der Kreml hatte im Jahr 2021 mehr als einhundert Journalist*innen zu sogenannten „ausländische Agenten“ erklärt und kritische Medien geschlossen. Seit Beginn des Angriffes existiert in Russland praktisch keine Pressefreiheit mehr. Die Bevölkerung erhält ihre Informationen, auch zum Krieg in der Ukraine, meist von staatlich geführten Medien. Zudem wurde eine Mehrzahl der sozialen Netzwerke in Russland blockiert. Darunter zum Beispiel Facebook und Twitter. In den Medien ist es auf Grund eines seit März geltenden russischen Mediengesetzes verboten, Wörter wie „Krieg“, „Angriff“ und „Invasion“ in der Berichterstattung über die Ukraine zu nennen. Es drohen Haftstrafen von bis zu 15 Jahren. Seit dem Amtsantritt des Präsidenten Wladimir Putin, wurden mindestens 37 Medienschaffende ermordet. Jegliche Gewalt gegen Journalist*innen wird kaum bestraft.
🇰🇵 180 Nordkorea
Nordkorea liegt in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf dem 180., und damit letztem Platz. Kaum ein anderes Land ist weltweit so abgeschottet, wie die Volkrepublik in Ostasien. Nur wenige Menschen im Land haben Zugang zum weltweiten Internet oder besitzen ein Mobiltelefon. Die Radio- und Fernsehgeräte haben den Staatssender, der meist Propaganda verbreitet, vor eingestellt. Wer dennoch ausländische Medien konsumiert, muss mit erheblichen Strafen wie Zwangsarbeit oder sogar der Todesstrafe rechnen. Die Arbeit von Journalist*innen wird dauerhaft überwacht und kontrolliert. Nur selten kommen ausländische Nachrichten über die nordkoreanische Grenze.