Wege aus der Glaubwürdigkeitskrise
„Der Journalismus ist in den letzten Jahren schlechter geworden“, sagt fast die Hälfte der Befragten in einer Umfrage des Instituts für Journalistik der TU Dortmund. 41 Prozent der Befragten gaben zudem an, dass die Glaubwürdigkeit des Journalismus durch die Corona-Berichterstattung gelitten habe. In Zeiten der Falschinformationen und Fake News kämpfen Medienschaffende um das Vertrauen ihrer Rezipient*innen. Wie der Journalismus daran arbeitet seine Glaubwürdigkeit zu stärken, zeigen diese fünf Projekte.
1: Selbst Journalist*in werden: Die Reporterfabrik
Auch der Journalismus ist letzten Endes ein Handwerk. Dieses Handwerk einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln ist das erklärte Ziel der Reporterfabrik. Sie ist ein Angebot des gemeinnützigen Recherchezentrums correctiv. Indem Laien grundlegende Inhalte vermittelt werden, wird die Wissenslücke zwischen Journalist*innen und Rezipient*innen abgebaut. Mit mehr als 100 Workshops lehrt die digitale Journalistenschule, was Journalismus überhaupt ist und was er können muss. Die Anfängerkurse sind kostenlos, weiterführende Inhalte wie Workshops über Datenjournalismus hingegen kostenpflichtig.
2. Mit der Blockchain Vertrauen aufbauen: Das News Provenance Project
Nach den Klimaprotesten der Gruppe Extinction Rebellion im Londoner Hyde Park 2019 geisterte ein Foto durchs Netz. Auf dem Bild war ein zugemüllter Park zu sehen, eine perfekte Gelegenheit den Klimaaktivisten Scheinheiligkeit vorzuwerfen. Das Problem: Das Foto stammte nicht aus London, sondern aus dem indischen Mumbai. Das News Provenance Project, eine Zusammenarbeit der New York Times und IBM, versucht es unmöglich zu machen, dass Bilder aus ihrem Kontext gerissen werden. Alle Informationen eines Fotos wie die der Ort der Entstehung, wann es geschossen wurde und wer es gemacht hat, sollen auf einer Blockchain gespeichert werden. Eine Blockchain besteht aus einer erweiterbaren Datensatzliste, bei der jede Transaktion eines weiterführenden Blocks von einem vorangegangenen Block bestätigt wird. Durch das News Provenance Project werden alle Informationen eines Fotos für jeden auf der Blockchain einsehbar und sind somit nicht mehr von ihrem Kontext zu trennen.
3. Ein Gütesiegel für glaubwürdigen Journalismus: Das Trust Project
Was wäre, wenn es für alle erkennbare und verbindliche Standards für Nachrichten gäbe? Diese Frage haben sich Sally Lehrman und Richard Gingras ebenfalls gestellt. Sie sind die Gründer des Trust Projects. Um journalistische Inhalte transparenter zu gestalten, haben sie zusammen mit Journalist*innen und Nachrichtenagenturen acht Vertrauensindikatoren erarbeitet. Die Vertrauensindikatoren sollen es Rezipient*Innen ermöglichen qualitativen und glaubwürdigen Journalismus zu identifizieren. Zu den Indikatoren für die Vertrauenswürdigkeit einer Nachricht zählen unter anderem die Expertise des/der verfassenden Journalist*In, die Diversität des Newsrooms und eine aktive Feedbackkultur, die sich kritisch mit den eigenen Inhalten auseinandersetzt. Mittlerweile beteiligen sich über 120 Nachrichtenunternehmen am Trust Project, darunter die deutsche Presseagentur, die bei Einhaltung der acht Vertrauensindikatoren ein sichtbares Siegel an ihre Inhalte anheften können.
4. Journalismus diverser gestalten: Die Neuen Deutschen Medienmacher*innen
Guter Journalismus muss auch die Vielfalt der Gesellschaft abbilden. Wenn in Deutschland ein Viertel der Menschen einen Migrationshintergrund haben, aber das gleichzeitig nur bei zehn Prozent der deutschen Journalist*innen zutrifft, kann der Diversität nur unzureichend Rechnung getragen werden. Genau das versuchen die Neuen Deutschen Medienmacher*innen zu ändern. Das bundesweite Netzwerk aus Journalist*innen mit vielfältigen Hintergründen bietet Leitfäden für Medienhäuser wie Redaktionen diverser gestaltet werden können. Zudem ist das Netzwerk eine Anlaufstelle für Journalist*innen, die im Beruf diskriminiert werden. Mittlerweile gehören über 2000 Medienschaffende zu den Neuen Deutschen Medienmacher*innen.
5. Die eigene Arbeitsweise überprüfen: Die Journalism Trust Initiative
Wie kann man die Arbeit einer Redaktion für Rezipient*innen transparenter gestalten? Die Journalism Trust Initiative bietet Medienschaffenden die Möglichkeit ihre Prozesse sichtbar zu machen. Das Projekt von Reporter ohne Grenzen hateinen Fragenkatalog auf der Basis journalistischer Standards kreiert, der es Medienhäuser in einem ersten Schritt ermöglicht, eine Selbsteinschätzung der eigenen Arbeitsprozesse vorzunehmen. In einem zweiten Schritt können die Medienhäuser das Ergebnis der Selbsteinschätzung veröffentlichen. Ein unabhängiger professioneller Dienstleister überprüft dann das Ergebnis , um letztlich ein Zertifikat der Journalism Trust Initiative zu erhalten. Unter den bereits evaluierten Organisationen sind RTE News des irischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks und das internationale Angebot swissinfo.ch der schweizer Fernsehgesellschaft SRG.