Dass ab nun alle gemeint sein sollen mit der generischen Genderbezeichnung in Schulen, Universitäten und Behörden in Bayern.
Kritik am Genderverbot in Bayern
22.04.2024, 16:10 Uhr

Kommentar. Die Forderung zur Abschaffung des Genderns von Markus Söder hat sich unter den Politikerinnen Bayerns durchgesetzt. Am 19. März wurde beschlossen: Gendern ist ab jetzt „unzulässig“. Zeitgleich mit der Legalisierung von Cannabis am 1. April trat diese Änderung der AGO (Allgemeinen Geschäftsordnung für Behörden) in Kraft und gilt damit sowohl für alle Behörden, als auch für Bildungseinrichtungen. Welche der beiden Reformen wohl für mehr Kontroversen gesorgt hat?
Während sich der Userinnnen auf X (vormals Twitter) darüber auslassen, dass das Argument „Sprache muss klar verständlich sein.“ (Florian Herrmann, Staatskanzleichef CSU) wohl nicht für die Verständlichkeit des bayerischen Dialekts gelte, bringt die ZEIT Herrmanns Argument mit den populistischen Äußerungen der AfD in Verbindung. Die Bundesschülerkonferenz hält die Regelung für eine Bevormundung, und appelliert an die Meinungsfreiheit und damit auch an die Freiheit der Sprache.
Ein Blick in die Geschichte zeigt Differenzen unter den deutschen Bundesländern: Das generische Maskulinum wurde in der BRD erst 1958 abgeschafft, damit war die DDR 1949 schneller. Allerdings waren die ostdeutschen Bundesländer wiederum auch schneller im Verbieten der Genderzeichen: Seit 2021 besteht dieses Verbot in Sachsen, aber auch in Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein sind Formen wie das Gendersternchen, Binnen-I und andere Varianten unzulässig. Dass Bayern jetzt nachzieht, ist so gesehen also kein Wunder, wundert die Bayerinnen und die gesamtdeutsche Nachrichtenwelt dafür umso mehr.
Schwierig wird es im Kontext der Bildung – was bringen wir unseren Kindern in der Schule bei, welche Schreibweisen sollen sie sich angewöhnen? In Sachsen gibt es Abzug für Rechtschreibung, wenn Schülerinnen Gender-Zeichen nutzen. Wenn diese Formen dann im Medienumfeld gerade jüngerer Menschen auftauchen, schafft das Unsicherheit. Wieso darf ich kein Sternchen setzen, um ausdrücklich alle Gender anzusprechen, obwohl das die meisten Influencerinnen machen? Warum sehe ich bei meinen Eltern andere Formen als bei meiner Lehrerin?
Vielleicht sind auch die schwachen Ergebnisse der Pisa-Studie von 2023 keine Überraschung und einfach ein Indikator für wachsende Unsicherheiten bei den Schülerinnen. Vielleicht wäre ihnen besser damit getan, weniger Richtig-Falsch-Denken zu lernen und mehr Mut dazu, ihre Identitäten auf unterschiedlichste Weisen sprachlich auszudrücken.
Ein kleiner Hinweis zum Abschluss: Dieser Beitrag nutzt zur Abwechslung das generische Femininum – das sollte trotz allem in jedem Bundesland anerkannt werden.
Spiegel/ Carolin Tietze