2020 wanderten allein in Deutschland knapp 19 Millionen Tonnen Verpackung in den Müll. Der Großteil davon ist Plastik, ein energieaufwändig hergestelltes Erdölprodukt. Die negativen Folgen für Ozeane, Mensch und Tier wird die Generation Z tragen müssen. Doch oft ist der Beitrag zu einer ökologischeren Gegenwart und Zukunft für sie finanziell kaum tragbar.
Als der 22-jährige Student Jannis Fengler aus Frankfurt am Main zum ersten Mal „die Auffüllerei“ in Frankfurt-Bornheims Höhenstraße betritt, fühlt er sich verloren. „Mehrere Kunden erledigten ihren normalen Wocheneinkauf. Alle schienen zu wissen, wie das Konzept funktioniert und das Einzige, was ich mitgebracht hatte, war mein Jutebeutel.“ Doch bei den Preisen wird ihm mulmig zumute. Kann er sich die mehr als doppelt so teuren Trockenfrüchte diesen Monat noch leisten? Oder reicht sein Budget nach den Anschaffungen für Studium und Hobbys nicht mehr aus?
Während die einen jeden Cent zweimal umdrehen müssen, lassen sich andere Studierende von ihren Eltern großzügig finanzieren. Wer in Frankfurt lebt und studiert, muss vor allem mit hohen Mieten rechnen. Laut der 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks bleiben Studierenden im Schnitt 168 € im Monat für Lebensmittel übrig. Für vier Wocheneinkäufe im Unverpackt-Laden müssten dagegen knapp 250 € ausgegeben werden. Wer keine finanzielle Unterstützung der Eltern genießt, kann sich diese Summe schlichtweg nicht leisten.
Dennoch wird ein Wandel zur Zero-Waste-Kultur von GenZ-ler:innen befürwortet und nach besten Kräften unterstützt. Auch die „Fridays for Future“-Initiative zeigt die dringende Notwendigkeit, die Umwelt zu schonen und Ressourcen bedacht zu nutzen. Ob verpackungsfreie Lebensmittel nur Nische oder Trend sind, hat PricewaterhouseCoopers (PwC) untersucht. Schon acht von zehn Konsumenten sind bereit, verpackungsfreie Lebensmittel einzukaufen. Allein mehr als jede:r Dritte würde sogar einen reinen Unverpackt-Laden bevorzugen.
Um diesen sich längst abzeichnenden Trend auch nach Deutschland zu bringen, startete die Französin Marie Delaperrière bereits 2014 in Kiel den ersten einwegverpackungsfreien Lebensmittelladen. Nach dem Versuch, selbst mit ihrer fünfköpfigen Familie zu leben ohne Müll zu produzieren, musste sie feststellen, dass so etwas kaum möglich war.
Von dieser Problematik ließen sich auch weitere junge Gründer:innen inspirieren. So auch Marlen Richter, die gemeinsam mit ihrer langjährigen Freundin Christina Schwab den nachhaltigen Lifestyle im November 2019 auch in die Metropole Frankfurt bringen wollte: „Wir möchten ein Zeichen gegen den überflüssigen Konsum- und Verpackungswahn setzen und weitere Menschen für einen verantwortungsbewussten Verbrauch von Rohstoffen und Lebensmitteln sensibilisieren“, betont Richter.
Diese Philosophie teilen auch die anderen Zero-Waste-Läden Frankfurts, mit denen Richter und Schwab in engem Austausch und freundschaftlicher Kooperation arbeiten. Häufig werden Bestellungen bei den über 130 Lieferanten gemeinsam getätigt. „Wir haben eine kunterbunte Mischung aus Großlieferanten, vielen kleinen Manufakturen und regionalen Produzenten, also querbeet“, berichtet Marlen Richter begeistert. Dabei kommen Bio-Eier immer aus der Region und „die Auffüllerei“ unterstützt mit dem Verkauf von Bruderhahn-Eiern auch die Bruderhahn-Initiative (BID), die sich seit 2012 für den Stopp unethischer Praktiken zur Tötung von männlichen Küken stark macht.
Auch andere Projekte, die „die Auffüllerei“ fördert, unterstützt der Student Jannis Fengler gerne. Das Sammeln von Korken für recyceltes Dämm-Granulat in Kooperation mit dem NABU sieht der Frankfurter als leicht umsetzbaren Beitrag zur Ressourcenschonung. Auch an humanitären Initiativen beteiligt sich der Bornheimer Unverpackt-Laden, wie an der Finanzierung von Krankenversicherungen für Menschen in Afrika.
„Es geht darum, diesen Ansatz auch gesamtheitlich zu denken und nicht nur von 12-15 Uhr, sondern vielleicht auch von 12-24 Uhr“, unterstreicht die Mitbegründerin Richter.
Von diesem Gedanken ist auch Jannis Fengler begeistert. „Leider muss ich aber bei manchen Einkäufen auch Abstriche machen und auf das günstigere Discounter-Waschmittel zurückgreifen“, räumt der Student ein.
Gerade bei jüngeren Kund:innen wird ganzheitliche Nachhaltigkeit, zum Beispiel auch beim Klamottenkauf, immer größer geschrieben. Damit diesen entgegengekommen werden kann, bietet „die Auffüllerei“ jeden Dienstag 10 Prozent Rabatt für Schüler:innen, Auszubildende und Studierende an.
Um verpackungsfrei einkaufen zu gehen, muss Jannis in verschiedenen Lebensbereichen Prioritäten setzen, doch das ist es ihm mehr als wert. Trotz des Versuchs, den Wünschen der Generation Z nachzukommen, bleibt am Ende nur die unverpackte Wahrheit: Erst mit stabilem mittelständischen Einkommen ist es erschwinglich, einen nachhaltigen Lifestyle zum Alltag zu machen.
Emily Moos