(Traum)Job Influencer

BibisBeautyPalace, Dagi Bee und LUCA machten auf YouTube den Anfang. Seither gilt der Beruf des Influencers für viele junge Menschen als absoluter Traumjob. Sie eifern den heutigen Stars nach und behaupten: „Das kann ich doch auch!“

Die 21-jährige Ann-Sophie aka Annso.yt lächelt gekonnt in die Kamera. Dafür posiert sie mit einem Kaffee in der Hand auf einer Treppe, mitten in der Frankfurter Innenstadt, um ein neues Foto für ihr Instagram Profil aufzunehmen. Rund 50.000 Menschen folgen ihrem Insta-Account und erwarten täglich neuen Content in Form von Videos, Bildern oder Stories. Neben Instagram ist die Influencerin seit 2019 auf YouTube präsent und verzeichnet dort aktuell knapp 95.000 Abonnenten. TikTok und ihr eigener Podcast „Spilling the Chai“ gehören seit neuestem auch zu den Kanälen, auf denen sie rund um die Uhr aktiv ist.

Influencer:innen bestimmen seit dem Social Media Boom 2015 zunehmend den Alltag von großen Teilen der Gesellschaft. Sie gelten als die neuen Promis, Meinungsmacher:innen und vor allem als Vorbilder für viele junge Menschen. Besonders die Generationen Y und Z stehen unter ihrem Einfluss, da sie mit dem Wandel der Digitalisierung aufwachsen. Influencer:innen scheinen in den Augen vieler ein beneidenswertes Leben zu führen. Sie werden zu Events eingeladen, bekommen kostenlos Produkte wie Klamotten oder Schminke zur Verfügung gestellt und lernen ständig neue Menschen kennen. Im Internet herrscht aktuell ein Überangebot an Social Media Profilen.

Aber wie werden Menschen eigentlich Influencer:in und wieviel Arbeit steckt wirklich dahinter? Mara Plesse, Teamlead des digitalen Marketing einer Berliner Influencer-Agentur erklärt: „Jeder kann Influencer:in werden. Einen typischen Werdegang oder ein Erfolgsrezept dafür gibt es nicht. Einen Abschluss, eine Ausbildung oder ein absolviertes Studium sind keine Voraussetzungen. Prinzipiell sind Influencer:innen Leute mit Reichweite, die Empfehlungsmarketing betreiben. Sie werden dafür bezahlt, Produkte in den sozialen Medien zu bewerben und ab einer bestimmten Anzahl an Follower:innen wird es dann schnell zum Beruf.“

Influencer:innen sind laut Mara Plesse selbstständige Unternehmer:innen, deren Job es ist, Social Media Profile mit Inhalten zu füllen. Dabei müssen eine Vielzahl an Aufgaben vereint werden. Es werden unterschiedliche Berufsbilder aufgegriffen: Fotograf:in, Grafikdesigner:in, Texter:in, Social Media Expert:in, Community Manager:in, Supporter:in, Cutter:in – die kreativen Möglichkeiten sind hierbei grenzenlos. Influencer:innen müssen vor allem einen Mehrwert schaffen, um bei der jeweiligen Community interessant zu bleiben. Besonders kontinuierliche Arbeit, Fleiß, Mühe und ein roter Faden sind in dieser Branche der Schlüssel zum Erfolg, so Mara Plesse.

Wer hauptberuflich als Influencer:in arbeiten möchte, muss allerdings nach wie vor mit Vorurteilen rechnen, denn die Akzeptanz des Berufsfeldes stellt ein riskantes Thema dar. Während sich Gen Z ein Leben ohne Influencer:innen kaum noch vorstellen kann, fehlt der älteren Generation oftmals der Zugang. Sie erkennen in dem Job keinen Nutzen, denn sie sind in einer Zeit großgeworden, in der das Leben nicht maßgeblich vom Internet bestimmt wurde. Sätzen wie: „Die machen den ganzen Tag nichts“ oder: „Das ist doch kein richtiger Job“ zufolge scheint es, als würden Influencer:innen in der Gesellschaft nicht vollständig toleriert und akzeptiert.

Influencerin Annso kreiert ihre Inhalte von Zuhause aus und hat somit einen variablen Alltag, der jeden Tag unterschiedlich aussehen kann. Sie betont, dass ihr Job zwar nicht körperlich anstrengend ist, Aufwand und Stress aber trotzdem enorm groß sind. Besonders das unterschätzen viele Menschen. Die YouTuberin steckt rund sechs bis acht Stunden in die Fertigstellung eines einzigen Videos. Hinzu kommt die Arbeit, die Kooperationen mit sich bringen, bei denen gewisse Regeln und Forderungen eingehalten werden müssen, wie beispielsweise Abgabedaten oder inhaltliche Wünsche des Kunden. Annso möchte, dass ihre Kanäle einen „Happy Place“ darstellen, den ihre Fans nutzen können, um dem stressigen Alltag zu entfliehen. „Was ich an meinem Beruf liebe ist, dass ich zu 99 Prozent positives Feedback von meinen Zuschauer:innen bekomme. Ich liebe den individuellen Austausch mit jedem Einzelnen und weiß die Unterstützung wirklich zu schätzen.“ Sie appelliert deshalb: „Go for it. Mach worauf du Lust hast! Ich habe 2014 schon mal ein YouTube Video hochgeladen und es direkt gelöscht, als ich von einigen Jungs aus meiner Stadt negative Kommentare dazu gehört habe. Ich hatte kein Selbstbewusstsein, um das durchzuziehen, was ich wollte und habe deshalb aufgehört, was sehr schade ist.“

Ein genauerer Blick hinter die Kulissen verrät: So simpel und einfach wie es für Außenstehende zunächst scheint, ist der Influencerberuf nicht. Zwar sind die Voraussetzungen dafür gegeben, dass jeder den Job ausüben kann, dennoch steckt eindeutig mehr dahinter als nur Reisen, in die Kamera lächeln und Bilder machen.

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