Für frischen Wind braucht es frische Parteien

Die Bundestagswahl 2021 hat gezeigt, dass die Politik der etablierten Parteien nicht attraktiv genug für die Generation Z ist. Warum es neben den Grünen gerade die FDP ist, die unsere Generation gewinnt.

„Die regieren gefühlt schon mein Leben lang und wirklich bei rum kam nichts“, entgegnet Jonas Scheibe auf die Frage, weshalb die etablierten Parteien nicht für ihn in Frage kommen. Gemeint sind CDU und SPD, die bei der Bundestagswahl auf der Beliebtheitsskala bei Erstwählern und jungen Leuten weit unten rangierten.

Jonas sitzt im Garten seiner Eltern, wie so häufig in den letzten beiden Jahren, in denen er die Abende dort mit seinen Eltern, Geschwistern und Nachbar:innen verbrachte. Anders als frühere Erstwähler:innen treibt die Generation Z Sorgen um ihre Zukunft um, die weit über Fragen des Klimaschutzes hinausgehen. Dabei spielt die wirtschaftliche Zukunft eine wichtige Rolle, sagt der 19- jährige Rüsselsheimer. Jonas ist Auszubildender und wählte zur Bundestagswahl die FDP.

Aus Liebe zur Freiheit

Der Wahlslogan der FDP kam bei der Generation Z gut an. Mit 25 Prozent sind sie gemeinsam mit den Grünen die stärkste Kraft unter jungen Wähler:innen. Das geht aus einer Umfrage von Infratest dimap hervor. „Ich glaube nicht, dass die Corona-Maßnahmen der ausschlaggebende Punkt für die FDP waren“, sagt Jonas und führt weiter aus, „die FDP hat konkrete Pläne, aus dieser Pandemie wieder aufzustehen und plausible Konzepte für unsere Zukunft.“

Die Verwunderung darüber, dass gerade die FDP neben den Grünen so gut abschnitt, versteht Jonas teils. Er fühle oft die Wahrnehmung, dass junge Menschen ja die Grünen wählen müssten, um ihre Zukunft zu sichern. Das stimme so nicht. Zwar habe die FDP keine Ideallösung, aber die Umweltpolitik der Grünen lehne er ab. Sie sei verbotslastig und führe zwangsläufig zu Steuererhöhungen.

Klimaschutz als Streitthema

Brian Röcken, stellvertretender Landesvorsitzender der Jungen Liberalen in Hessen sagt, der Klimaschutz sei eine der größten Aufgaben, die die Menschheit aktuell zu bewältigen habe. Röcken bestätigt Jonas Meinung, Klimaschutz sei keine Expertise, die den Grünen vorbehalten sei. Denn ein Patentrezept zur Lösung der Klimakrise gebe es aktuell nicht, doch der Weg der Grünen sei definitiv falsch. Auch Röcken argumentiert mit Verboten und Steuerhöhungen.

Stattdessen führe ein gezielter Innovationsdruck zu globalen Zielen, während die Einsparung von CO2-Werten allein in Deutschland nicht zur Lösung des Gesamtproblems führe.

Die FDP trifft hier einen Nerv der Generation Z. Sie verspricht eine Lösung zu finden, die ohne Einschränkungen den Klimawandel stoppen soll und kommt damit an. Die besagte Lösung ist dabei weder in der Planung, noch datiert.

„Gewisse Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakatastrophe sind nicht angenehm, aber unabdingbar“, sagt Gian Luca von Raesfeld. Der 24-Jährige studiert Klimaschutz und -anpassung an der Technischen Hochschule Bingen und ist bei der dortigen Fridays for Future Bewegung aktiv. Die FDP biete keine tatsächlichen Ansätze zum Klimaschutz. „Das sind alles leere Versprechungen“, sagt Raesfeld.

Von Verboten habe seine Generation genug, meint dagegen Jonas und hält am Ansatz der Freien Demokraten fest. Die entstandene Ampel-Koalition führe zu den richtigen Kompromissen, ohne die Politik ohnehin nicht möglich sei. „Für frischen Wind braucht es frische Parteien“, betont Jonas.

Die Koalitionspartner versprechen, den Klimaschutzzielen von Paris die höchste Priorität zuzuweisen und kündigen an, dass jedes Gesetzesvorhaben zukünftig einen Klimacheck durchlaufen müsse. Demnach dürfe es nur durchgesetzt werden, wenn es den Klimazielen entspricht. Expert:innen von BUND und dem NABU sehen die Ziele des Koalitionsvertrages auf Nachfrage von Öko-Test als Schritt in die richtige Richtung, doch vermissen sie an einigen Stellen passende Instrumente zur Erreichung der Ziele. Eines davon ist ein Tempolimit auf Autobahnen.

Generation Z und die soziale Gerechtigkeit

Das Bild des German-Dreams sei es, jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, sozial aufzusteigen und nicht zurückzubleiben, erläutert Röcken. Jonas dagegen sieht in Sachen soziale Gerechtigkeit die Grünen vor der FDP. Das klassische Modell des sozialen Aufstiegs, wie er es nennt, sei hierbei effektiver. Es sei jedoch ein Thema, bei dem FDP und Grüne punkten können. Aus diesem Grund sei eine Regierung, die beide Parteien beinhalte, der ideale Weg. 

Auch wenn er mit beiden Parteien sympathisiere, sei es der glaubhafte Fokus auf Modernisierung und Digitalisierung gewesen, der den Ausschlag für die FDP gegeben hätte. Es dürfe nicht sein, dass Deutschland in einer digitalisierten Zukunft keine Rolle spiele und alle Technologien aus Asien oder den USA stammten.

Jonas ziehe es nach der Ausbildung an die Universität. Er will Chemie studieren. Es sind die Hoffnungen auf einen normalen Sommer, einen normalen Verlauf der Ausbildung und einen normalen Start in das Studium, so wie man es sich vorstelle. Die Hoffnungen auf die Bewältigung der Klimakrise, ohne Freiheit einbüßen zu müssen, auf soziale Gerechtigkeit und eine zukunftsfähige Wirtschaft, die die Partei rund um Christian Lindner der Generation Z verspricht. Es bleibt an jungen Menschen wie Jonas, zu beweisen, dass ihre Wahl die richtige war. Eine Bindung zur Partei gebe es nicht. „Wenn die FDP nicht hält, was sie verspricht, kriegt sie meine Stimme nicht noch einmal.“

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