Fitness: Leidenschaft oder Hype? Immer mehr junge Menschen melden sich in Fitnessstudios an, um ihren Traumkörpern näher zu kommen. Aber trainiert die Generation Z wirklich für sich selbst oder jagt sie dem Ideal nach, das ihr täglich über soziale Medien präsentiert wird?
Sechs, sieben und acht, geschafft! Mit zittrigen Händen hängt Sina Keller die Hantelstange zurück in ihre Halterung. Ein Schweißtropfen bahnt sich seinen Weg ihre Stirn hinab, trotzdem lächelt sie glücklich. „Das gehört für mich zu einem gesunden Leben dazu, dass man sich fit und vital fühlt“, sagt die 20-jährige Sportwissenschaftstudentin zufrieden und spricht damit etwas an, das viele in ihrem Alter ähnlich sehen. Denn Sport spielt im Leben der Generation Z’ler:innen schon lange keine Nebenrolle mehr, sondern gehört vielmehr zur täglichen Routine. Nicht zuletzt, weil Plattformen wie Instagram mit den Bildern von durchtrainierten Männern und Frauen grüßen, sobald man sie öffnet. Die sogenannten Fitnessinfluencer:innen geben Tipps und berichten von ihrem Weg zum vermeintlichen Ideal, doch ob der auch für andere Menschen umsetzbar ist, wird selten thematisiert. Das gezeigte Training ist eben nur auf den Influencer selbst zugeschnitten, nicht aber auf die breite Masse. Dennoch stellen sie vor allem für viele jüngere Menschen das „Ideal“ dar, das es zu erreichen gilt. Aber macht das wirklich glücklich?
Richtet man den Blick auf die Medien, stellt man fest, dass ein bestimmtes Körperbild zelebriert wird, das als vermeintlich perfekt angesehen wird. In dem Podcast #stopbodyshaming des Frankfurter Zentrums für Essstörungen wird es so beschrieben: „Sei schlank, sei fit, DANN bist du erfolgreich“. Im Rahmen der Studie „Bin ich gut genug? Bin ich nicht zu dick? Sehe ich gut aus?“ – Soziale Medien und Essstörungen: Zusammenhänge und Implikationen untersuchten die Professorin Dr. Eva Wunderer und ihre Mitautorinnen Dr. Maya Götz und Frida Hierl den Zusammenhang zwischen Sozialen Medien, Körperzufriedenheit und dem Wohlbefinden junger Menschen. Indem sie 175 von einer Essstörung Betroffene im Alter zwischen 13 bis 53 in Deutschland mittels Fragebögen befragten, konnten sie ihre Annahme bestätigen, dass Soziale Medien die Körperzufriedenheit senken, insbesondere bei Menschen mit Essstörungen.
Denn obwohl die Jugendlichen wissen, dass Bilder auf Social Media bearbeitet werden, haben sie trotzdem einen Effekt auf sie. Die Expertinnen wissen: der Social Media Abgleich findet so oder so statt. Trotzdem oder gerade deswegen bieten Soziale Medien Orientierung, insbesondere bei jüngeren Nutzer:innen. Nicht zuletzt, weil sich auch die Vorbilder der Jugend verschoben haben: von den klassischen Sportler:innen und Promis hin zu den Influencer:innen.
Fragt man die Jugend, fallen häufig Namen von Fitnessmodels wie Pamela Reif oder Models wie Lena Gercke als Vorbilder. Sie sind es, die einen direkten Einfluss auf Jugendliche und ihre Lebensweise haben, besonders in Bezug auf das Anpassen des Trainings- und Essverhaltens, um dem Ideal näher zu kommen, so die Studie.
„Fakt ist, die Jugend glaubt immer, sie kann so aussehen wie ein Fitnessinfluencer ohne damit Geld zu verdienen und mit einem Fingerschnipsen. Ich glaube schon, dass das ein verstörtes Bild ergibt und dass dadurch natürlich dieser Hype da ist, Muskeln, Muskeln, Muskeln“, stimmt Dominik Mathis zu. Er ist seit zwölf Jahren in der Fitnessbranche tätig und mittlerweile Besitzer eines Fitnessstudios. Seiner Erfahrung nach geht es gerade den jüngeren Fitnessstudiobesucher:innen darum, ein bestimmtes Körperbild zu erreichen. Besonders die 16- bis 18- Jährigen kämen ins Gym, weil sie Interesse an Bodybuilding, Muskelaufbau oder definierten Körpern hätten. Auch er sagt aus Erfahrung, dass das Körperbild mittlerweile sehr stark von Influencer:innen auf Social Media geprägt werde. Das zeige sich auch im Training der Generation Z. Gerade wenn es darum geht, Trainingspläne zu erstellen, äußern insbesondere sie Wünsche wie einen „dicken Bizeps“ oder einen „flachen Bauch“. „Bei der Jugend ist das eher so nach dem Motto: es muss brennen, es muss weh tun, ich muss morgen Muskelkater haben und wehe es tut sich übermorgen nichts, dann bringt das alles auch nichts“, so der Fitnesstrainer. Alles angelehnt an das Bild, das ihnen tagtäglich online präsentiert wird.
Aber übt eine solche Konfrontation nicht einen enormen Druck auf junge Menschen aus, bestimmten Körperidealen nachzujagen, die für viele allein physisch nicht möglich sind?
„Ich muss ehrlich sagen, ich sehe das eher als Motivation, wenn ich andere trainieren sehe. Ich folge nicht wirklich Leuten, die nur ihre Figur posten, sondern die dann auch wirklich Sport machen. Wenn ich das sehe, dann denke ich mir, ich könnte ja auch mal wieder ins Fitnessstudio gehen.“ Sina Keller hat aufgehört, sich mit den Menschen online zu vergleichen oder Influencer:innen zu folgen, die nur ihren Körper präsentieren und keinen Mehrwert für sie haben. Zwar respektiert sie diese für ihre Mühe und die harte Arbeit, die sie in ihr Training stecken, aber in ihre Timeline schaffen sie es nicht mehr.