3D-Drucker sind der neue Hit der Generation Z. Cosplayer:innen drucken sich ihre Outfits, Gamer:innen ihre Lieblingscharaktere aus Videospielen. Doch auch die Medizin erkennt den Reiz der Printer. Wunschdenken oder hat die neue Produktionsmöglichkeit tatsächlich eine Zukunft?
Mit einem lauten Brummen begeben sich das Druckbett und die Nozzle – so heißt die Düse im Fachslang – in die richtige Position, um mit dem 3D-Druck beginnen zu können. Acht Stunden brauchen die Eulenpaar-Figuren, die Simon* druckt. Es ist ein Testdruck, mit dem er herausfindet, ob sein Drucker richtig eingestellt ist und es nicht zu einem Warping, also einer Deformierung, kommt.

Wenn das erhitzte Filament nicht schnell genug abkühlt oder die Supportstrukturen nach dem Druck abbrechen, sammelt er das Material des Fehldrucks in einem kleinen Eimer. Sobald dieser voll ist, möchte er seine Reste an “Recycling Fabrik” schicken. Die stellen dann recyceltes Filament zum Neuverkauf her. Im Gegenzug erhält Simon Punkte, die er als Rabatt im Shop der Website nutzen kann. Dass es bereits Abend ist und der Drucker neben seinem Bett steht, stört ihn nicht. Er ist gerade erst aufgestanden und verbringt auch die nächsten Stunden vor dem Computer. Die Geräusche der Maschine bemerkt er durch sein Noise-Cancelling-Headset gar nicht.
Den Anycubic I3 Mega besitzt Simon bereits seit März 2019. Während seiner Ausbildung hat er das Gerät für 230 Euro gekauft, was etwa dem halben Preis entspricht. Seitdem druckt er regelmäßig Dinge, um seine Alltagsprobleme zu lösen. Da er aktuell arbeitslos ist, bleibt ihm mehr Zeit zum Drucken. Stolz zeigt er eine kleine zweifarbige Schublade, eine Halterung für seine Virtual Reality Brille und Steckplätze für seine USB-Sticks. Derzeit übt er sich am digitalen 3D-Modellieren in dem Programm Blender. Einmal war sein Drucker schon kaputt. Das Filament war billig, der Kunststoff hat das „Hotend“ verstopft. Eigentlich muss er sein Filament an einem trockenen Ort lagern, da es sonst porös wird. Doch sein Zimmer bietet nicht viel Platz. Es ist vollgestellt mit einem leuchtenden PC, drei großen Bildschirmen und jeder Menge Technik. Eine Alexa steuert auf seinen Wunsch die Lampen. An seinem Schreibtisch ist ein Mikrofon befestigt, durch das er beim Zocken mit seinen Freunden spricht. Vielen von ihnen hat er bereits kleine Geschenke gedruckt.
„Die Möglichkeiten des 3D-Drucks sind grenzenlos“, sagt der Gamer. Rainbow, Glitzer – alles, was das Herz begehrt. Je nach gewünschter Struktur und der Art des Druckers gibt es eine große Auswahl an Plastiksorten. Die Zukunft sieht der 19-Jährige positiv.
Ganz anders Detlef Huth, Orthopäde und Unfallchirurg aus Rüsselsheim. Er hat an Konferenzen und Diskussionen über den 3D-Druck teilgenommen. Der Arzt erklärt, dass das Printing bisher wenig Anklang in der alltäglichen Medizin findet. Die Arbeit mit dem Drucker beschränkt sich derzeit auf die Rekonstruktion von Frakturen. „Wir arbeiten nicht mit wirklich gedruckten Gelenken“, sagt er. Stattdessen nutzt man die neue Möglichkeit als Alternative zur 3D-Darstellung der CT-Daten, also der Röntgenergebnisse. Die gedruckten Verletzungen sind dadurch haptisch greifbar und besser verständlich.
„Große Kliniken und Unikliniken nutzen den 3D-Druck auch zu Übungs- und Forschungszwecken. Aber wir haben das bei uns nicht“, erläutert Huth. „Ich wüsste keine Klinik im Umkreis, die damit arbeitet.“ Die neue Produktionsmöglichkeit hat sich hier noch nicht etabliert.
Ebenfalls kritisch sieht der Chirurg die Kosten eines Druckers. „Bei einer Fortbildung wurde erwähnt, dass solch eine Bereitstellung ein paar Tausend Euro kostet. Zusätzlich benötigt man die passende Software, die das umsetzen kann.“ Da ist eine computerbasierte Darstellung der CT-Daten die günstigere und bereits bekannte Methodik.
Er hinterfragt ebenfalls die biologische Verträglichkeit und qualitative Beständigkeit. „Wir nutzen hoch komplexe Endoprothesen und Implantate, die biologische Anforderungen erfüllen müssen. Ein 3D-gedrucktes Gelenk hingegen ist ein reines Kunststoffprodukt. Es hat möglicherweise gar nicht die Festigkeit, um als Gelenk zu fungieren.“ Der Wunsch in der Medizin beziehe sich nicht auf eine Weiterentwicklung von Endoprothesen, sondern auf den vollständigen Verzicht derer. Das Streben nach Wiederherstellung und Regeneration von Knorpel überwiegt. Die Medizin heilt lieber, als dass sie ersetzt.
Während Generation Z sich also ihre eigene kleine Welt druckt, ist der 3D-Druck noch keine herkömmliche Methode in der Medizin. Bisher wird er nur in Nischen von Spezialist:innen angewandt. Für die Massenherstellung eignet sich die Technik allerdings nicht. Simons gedrucktes Eulenpaar wird jedoch nicht der letzte Druck des Jugendlichen bleiben. Die Neugier hat sein Interesse an Resin-3D-Druckern geweckt. Doch bevor er mit UV-Licht und Resin druckt, muss er wohl noch ein Weilchen bei seinem geliebten Filament-3D-Printer bleiben.