Die Beatles würden heute Hip Hop machen

Hip-Hop Größen wie Snoop Dogg, 50 Cent, Drake, Travis Scott oder Eminem gehören zur Popkultur der Generation Z, Graffiti prägt das gängige Stadtbild und Breakdance ist seit 2020 olympisch. Hip-Hop ist aus dem urbanen Leben kaum wegzudenken, doch was steckt hinter der Faszination Hip-Hop? 

 

Frustriert steigen die Passagiere der S2 an der Konstablerwache aus. Die nächste Bahn kommt aufgrund von Unwetter erst in einer halben Stunde und so wenden sich die müden Blicke auf die hell leuchtenden Werbedisplays. Ein Musikvideo, schöne große Autos, ausgefallene Kleidung und Tänzer im Hintergrund, alles sehr bunt. „Das neue Tyga Video knackt in 24 Stunden alle Rekorde!“, steht auf dem Titel.

Um die gegenwärtige Entwicklung zu beleuchten, ist die Vergangenheit der Schlüssel zur Erklärung des gesellschaftlichen Phänomens Hip-Hop. Zu der Bewegung zählt mehr als nur Musik, viel mehr bildet sie eine Subkultur, die sich in den 1970er Jahren durch die afroamerikanische Bevölkerung in den Vereinigten Staaten entwickelte. 

Die Kultur ist geprägt von Tänzen, Mode, Kunst wie Graffiti und eigenen Verhaltensweisen. Zu den Verhaltensweisen gehören Slangwörter, die bei Jugendlichen längst zum allgemeinen Sprachgebrauch gehören, für andere aber eher wie eine Fremdsprache klingen können.

Der Facettenreichtum entwickelte sich durch Perspektivlosigkeit, denn die afroamerikanische Bevölkerung leidet schon immer unter Rassismus und den daraus resultierenden Repressalien, wie der Sklaverei oder später durch die Rassentrennung. Aus der Not wurde eine Tugend und Hip-Hop wurde zur Stimme der Unterdrückten in der Gesellschaft.

DNA des Hip-Hops

Im Grunde ist es ganz einfach: „Aus Scheiße Gold machen“, wie der Musikjournalist Falk Schacht erklärt, denn den Jugendlichen aus Amerika fehlte es an Geld, aber nicht an Würde und Kraft. Das bedeutet beispielsweise, dass die Jugendlichen sich keine neue Kleidung leisten konnten und somit alte oder zu große Kleidung tragen mussten. 

Diese trugen sie jedoch mit solch einer Würde, die sich wiederum in der Kleidung widerspiegelte, heute ist der Stil sogar zur „Street Fashion“ Mode avanciert. „Kleider machen Leute, doch in diesem Fall machten die Leute die Kleider“, deutet der Musikjournalist diese Umwandlung der Kleidung.

Die Mentalität, aus dem Nichts etwas erschaffen zu können, zieht sich wie ein roter Leitfaden durch die DNA des Hip-Hops.

Wieso jetzt? 

Seit den Anfängen in den 70er Jahren ist etwas Zeit vergangen. In den 80er Jahren entwickelte sich die Hip-Hop Kultur allmählich und festigte sich anschließend in den 90er Jahren. Durch die Digitalisierung der 2000er Jahre gelang es, schneller Daten aus dem Internet hoch- und runterzuladen. Die Entwicklung mündete in einen extremen Anstieg der illegalen Downloads. So gelang es Anfang der 2010er, den Musikmarkt durch legale Streamingdienste wie Spotify neu zu ordnen. 

Parallel zu der musikindustriellen Entwicklung stieg das Interesse für Hip-Hop sowohl in Deutschland als auch global, vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Die Zielgruppe weckte ab 2015 die Aufmerksamkeit des Streamingdienstes Spotify, erklärt Schacht. Um neue Absatzmärkte zu erschließen, wurden zielgerichtet und spezifisch Hip-Hop Playlisten in den Streamingdienst eingebaut. Schacht kommt zu dem Schluss: „Spotify hat erkannt das, Hip-Hop in Deutschland die Marktlücke ist, in die sie stoßen können, um wirtschaftlich Marktführer zu werden und erfolgreich zu sein. Die Investition zahlt sich heute im Hip-Hop Boom aus.“  

Die Entwicklung zu nationalen Ablegern für verschiedene Genres im Streaming ist mit Deutschland global einmalig gewesen und wird seitdem als Blaupause für andere Länder angesehen. Konkurrenten wie Amazon oder Apple, die auch eigene Streamingdienste betreiben, zogen nach und schufen laut Falk Schacht ab 2017 ebenfalls eigene nationale Stabstellen. 

Hip-Hop als Hobby 

In den vergangenen Jahren stieg die Investitionsbereitschaft der Musikindustrie in Hip-Hop, doch auch der Unterbau der Hip-Hop Infrastruktur steht auf einem stabilen Fundament. Das Stadtteilzentrum „SchillerHaus“ in Rödermark beispielsweise bietet die Möglichkeit, zwei Mal in der Woche für jeweils drei Stunden Songs zu schreiben und aufzunehmen. David Bohlmann, Organisator der „Rap AG“, betont den Vorteil der Hip-Hop Kultur für die Jugendarbeit 

„Das ist ein sehr guter Zugang zu einer wertvollen Beziehungsarbeit mit den Jugendlichen. Durch die regelmäßigen Besuche kommen immer wieder Themen auf, die die Jugendlichen beschäftigen. Thema Ausbildung, der Streit mit den Eltern, oder Probleme in der Schule. Oft können hierbei auch Anlaufstellen vermittelt werden.“

Das Angebot ist so beliebt, dass die vereinbarten Termine zu 90 Prozent wahrgenommen werden, so Bohlmann.

Also wer traut sich?

Schlussendlich hat sich Hip-Hop durch Innovationsbereitschaft und Facettenreichtum als Liebling der Gen Z durchgesetzt und vielleicht erstrahlt irgendwann ein Jugendlicher aus dem „SchillerHaus“ auf den Displays der Konstablerwache. Die Möglichkeiten sind gegeben, anders und besser, als die Beatles sie anfangs hatten. Also wer wird das große Idol der Gen Z? 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.